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Die Bräuche von Räfis-Burgerau

    

       

   

    

Brauchtum in Räfis-Burgerau "Altjohr-Usschella"

  

Quellennachweis: Paul Hugger Werdenberg

    

Der Jahreswechsel wurde recht festlich begangen. Die Knaben von Burgerau und Räfis machten den Anfang. Wenn sich am Altjahrabend die Dunkelheit über Gassen und Wege senkte, begann ihr Wirken. Mit großen Schellen und Plumpen lärmten sie durch den Weiler, an die vierzig und fünfzig wohl, in gewaltigem Zuge. Einer, zuvorderst, war Anführer, ein starker, großer Bursche, in den Kapuzenmantel gehüllt und mit künstlichem langem Bart. Unter den Arm geklemmt hielt er einen Besen, und von Zeit zu Zeit gab er damit der Schar seine Befehle. So zog das Geschell durch die Straßen. Keine Belohnung erwartete die Jungen. Sie gingen dennoch, aus purer Freude am Lärm.

«Do ischt me dänn 'gange, jo alls, was Bai kaa hät, isch dänn alls mit. Unn ain ischt dr Kommandierende gsii, 's hät dänn e chlii en Ältere müesse sii. Das isch dänn gordnet 'gange, nöd no wie jetz. Do ischt me dänn halt no ums ganz Rääfis unn Burgerou, am Oobed, wänns tungglet hät. 's Alt Joor Uusschälle häts dänn ghaiße.» (R.)

Die Leute in Buchs unten aber wußten zu einem guten Teil nicht einmal, was sich droben in Räfis und Burgerau tat. Sie lauschten dafür ihrer Musik. Diese spielte von abends acht Uhr an Choräle und geistliche Lieder auf verschiedenen Plätzen des Dorfes. Sie tat es mit Vorliebe dort, wo «si gwüßt hänn, daß ötschis ußelueget.» Da waren natürlich die Plätze vor den Wirtshäusern am besten geeignet; denn drinnen saß zechendes Volk, und der Wirt spendierte auch seinen Doppelliter oder mehr: Musikanten sind trinkfreudige Kunden. Diese Ständchen der Musik hörten später auf, und eine Alte gab allen Ernstes als Grund an: «Wos ne iigfrooren ischt, vo döt ewägg glob i hänn si ufgii.» (B.)

Derweil war das `Altjöörle' in den Stuben im Gang. Die einen hielten's bescheiden; ein paar Würste, ein Birnenbrot genügten ihnen zur stillen Freude - zum letztenmal brannte etwa das Weihnachtsbäumchen; andere wieder entfalteten lärmigere Festlichkeit im Freundeskreis. «Do hät me gfiiret unn hät schließlig en Liter, zweä Wii gholt, oder me hät Schnaps hääre toa. 's isch do halt vilmeä Schnaps gsoffe worde wäder hüt. Am Neujoorsmorge häts dänn natüürlig viilfach bsoffni Lüt ummekaa.» (Gr.) Solche Festerei dauerte also bis zum Morgen; anderswo legte man sich schon um zehn Uhr ins Bett und horchte von dort aus dem `Uuslüte' ,das fast eine halbe Stunde dauerte. Dann folgte eine Stille von einigen Minuten - es schlug zwölf - und wieder setzten die Glocken ein, mit voller Wucht, um das neue Jahr zu grüßen. In Grabs waren rund zehn Läuter für die fünf Glocken nötig; die große allein verlangte vier Mann. Sie wog 63 Zentner. Die Wirte sandten etwa einen `Chrueg Wii' den Mannen zur Labung. Wer noch auf war, stieß um Mitternacht mit dem Glas an. In den Buchser Wirtshäusern war von 12 bis 1/2 1 Uhr Gratisausschank. Man erhielt Wein oder Bier, je nachdem, was man vorher getrunken hatte. Und schon erschien der erste Gratulant, der Nachtwächter. Dort, wo noch Licht brannte und angesehene Leute wohnten, klopfte er an, trat in die Stube und sagte, den Hut in der Hand, einen langen Segensspruch, der nicht mehr erhalten ist. Man dankte und reichte ihm ein Glas Wein oder Schnaps, dazu etwa ein Stück Birnenbrot. Hinter ihm aber stolperten andere Gratulanten ins Haus, oft in kleinen Gruppen. Sie erhielten, zumal in Buchs, ein Glas `Röeteli'. «Likör von roter Farbe, aus Branntwein, Wasser, Zucker, Kirschen, Gewürz bereitet, bes. zu Neujahr, auch beim Kiltgang getrunken.» Das war obligatorisch. Die Flasche sei jeweils oben auf dem Ofen hinter einem kleinen Vorhang gestanden, erinnerte sich eine Alte, und nach jedem Glückwunsch habe die Mutter danach gegriffen, das Glas gefüllt, die Flasche dann aber gleich wieder versorgt. In Grabs machten sich die Burschen auf zu den Mädchen in der Nachbarschaft, um ihnen Glück zu wünschen. «Men isch dänn i jeedem Huus bewirtet worde, unn dänn bis in Morget sinn die maischte efang e chli bsoffe gsii.» «Die Maitle hänns natürli erwartet, daß me dä chömm go 's Neujoor aawüüsche. I dr Reegel isch dänn d' Sach scho paraat gsii.» Aufgestellt wurden Wein, Schnaps, oder Most, je nach Vermögen und Freigebigkeit der Leute. «I waiß, emool bin i mit ere Gsellschaft - jo, mr sinn ötsche sächs, siibe Purschte gsii - mitenann do in `Spanne' ui. Do hänn mr ainere wölle go 's Neujoor aawüüsche. Die hät e däärigi Frööd kaa, die hät en ganze Schlaag Schmalz hääretoa, also villicht sächs, siibe Kilo uf dr Tisch hääre unn Biirebroat derzue unn hät ame jeeden e ganzes Tringglaas voll Schnaps iigschenkt. Mir hänn dänn natüürlig no e Schlüggli gnoo.» (Gr.) Es ist wohl zu verstehen, wenn bei solcher Spendefreudigkeit oft das Maß des Bekömmlichen überschritten wurde. Meist blieb man nicht lange im gleichen Haus; man mußte ja die Runde machen. Wer aber ein Auge auf ein bestimmtes Mädchen hatte, blieb bei ihm und ließ die andern weiterziehen. Dieser Umgang dauerte bis zum Morgen.

In Buchs hielten Burschen und Mädchen gemeinsame `Altjoorsstuubeti' ab. Die Burschen brachten den Wein, und die Mädchen sorgten für die Speise. Eine alte Frau will noch von ihrer Mutter wissen, die Jungen hätten früher am Altjahrabend «en Niidel gschwunge. Mit däne Ruete, wie d' Metzger hänn zum Wurschte, d' Spiß, (Wurstdorn, Stäbchen, wie sie zum Abbinden der Wurst verwendet werden) die gääle, mit senige Bääse heegens also dr Niidel gschwunge, unn zum Probiere, öb er tigg gnue sei, heegens e mit Schwung i Deggi uigworfe.» (B.) Dann setzten sich alle um die große Schüssel, tauchten Brotbrocken in den Nidel und schmausten.

In der Frühe des Neujahrmorgens erschienen andere Gratulanten. Es war heischendes Volk, das da von Haus zu Haus zog, seinen Glückwunsch anbrachte und als selbstverständliche Gegengabe Geld oder Lebensmittel erhielt. Besonders zahlreich waren die Bettler aus Gams, der kinderreichen, armen katholischen Gemeinde der Nachbarschaft. Der Großvater habe jeweils schon lange vor Neujahr die Fünfer in einem `Beggeli' (Tasse) gesammelt, um bereit zu sein, wenn der Zug der Heischenden einsetzte. Die Bettler erhielten meist Eßwaren, ein Stück Birnenbrot, gewöhnliches Brot, Feldfrüchte usw. All das verstauten sie in Körbe und Säcke. Am liebsten aber nahmen sie Geld. Dieser Neujahrsbettel war 'gang unn gääb'. (In Liechtenstein bettelten nur die Kinder von Haus zu Haus. Später verbot dies die Landesschulordnung). Vielerlei Sprüche wurden dabei vorgetragen. Einen, den ein Bettler aus dem Städtchen hersagte, konnte ich noch aufzeichnen:

   

«Jetz wüüsch i Eu zum neue Joor vil Glück und Heil und Sääge,

daß Gott der Herr im Himmel Euch behüet uf allen Euren Wegen.

Gott beschütze Euer Haus und die da gehen ein und aus.

Gott im Himmel wirds Euch lohnen, was Ihr an den Armen tut.

Dort im schönen Himmelsgarten wird Euch Jesus einst erwarten.

Das wünsch i Euch vo Herze zum Neue Joor.»

     

Darauf habe er von der Mutter ein Stück Birnenbrot und einen Zwanziger erhalten und eine `förchtigi Frööd' gehabt.

Auch Verwandte und Nachbarn entboten einander durch Hausbesuche ihre Wünsche. Die Kinder brachten sie bei den Paten an, und da hieß es dann etwa: «Magsch es Chröömli?» oder «Wotsch e bitz Biirebroat?» (Dieser Neujahrswunsch der Nachbarn und Kinder ist in der Gegend weit verbreitet, so im Vorarlberg.) Wer an Weihnachten kein Göttigeschenk erhalten hatte, bekam es jetzt. Die Eltern meiner Achtzigjährigen sollen noch als einziges Geschenk zum Jahreswechsel vom Götti `e wiißes Bröetli', also ein Brot aus weißem Weizenmehl, erhalten haben, was als besonderer Leckerbissen galt. Später wurde der Zopf üblich oder eine Geldgabe von einem Franken.

 

Altjahrsabend in Räfis. Prüfend schaut Metzgermeister

Heusi, ob sich das Bürschchen nicht schon einmal

bei der Wurstverteilung gemeldet hat.

  

  

   

     

Brauchtum in Räfis-Burgerau "Flaggala-Sunntig" Funkensontag

   

Von Madlen Rothenberger

   

Quellennachweis: Paul Hugger Werdenberg; M. Wolgensinger, W. Baumann: Folklore Schweiz

   

Die Handhabung des Feuers war der erste entscheidende Schritt zur Kultur. In kalten Winternächten wurde das licht- und feuerspendende Element mit der Sonne und dadurch mit dem Himmel in Beziehung gebracht. Zum Braten von Fleisch, zum Kochen von Speisen, zum Schmelzen von Metallen, aber auch zum Roden der Wälder wurde das Feuer jene Kraft des Menschen, die als Grundlage der Zivilisation bezeichnet werden darf. „Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt bewacht" schrieb Friedrich Schiller, „doch furchtbar wird die Himmelskraft, wenn sie der Fesseln sich entrafft".

Im hilfreichen, aber auch zerstörerischen Feuer wurde Zauberkraft und überirdische Macht verehrt. „Das Feuer kann durch seinen Rauch, seine Hitze und seinen Schein Unheil vertreiben, es kann aber auch durch seine Wärme die erwünschte Kraft der Sonne mehren", schrieb Richard Weiss in seiner Schweizer Volkskunde, „die erste Sinngebung lässt sich herauslesen aus dem Brauch, das Vieh bei der Alpfahrt durch den Rauch des Feuers zu treiben oder „Böögen" in Frühlingsfeuern zu verbrennen.

Ausserordentlich verbreitet ist in vielen Teilen der Schweiz die Sitte der Frühlingsfeuer, die da und dort auch Fasnachtsfeuer heissen. Sie leuchten am Funken- oder Fackelsonntag, also dem Sonntag nach Aschermittwoch. Vor allem in den protestantischen Gebieten ist das Fasnachtsfeuer am Funkensonntag zum eigentlichen Fasnachtsersatz geworden, doch scheint diese Feuerzeremonie schon vor der Glaubensspaltung (1529) bestanden zu haben, da sie sich auch in katholischen Gegenden auf den Sonntag „Inocavit" fixiert hat. Im 15. und 16. Jahrhundert sind Fasnachtsfeuer für Zürich bezeugt (Sechseläuten).

In vielen Dörfern zwischen Bodensee und Walensee kennt man seit uralten Zeiten den Brauch, den Winter mit Feuer und Geschrei aus dem Land zu jagen. Im Werdenbergischen, so auch in Räfis und der Burgerau sammelten die Jungen schon lange vorher Holz droben im Hangwald und vor allem in den Auenwäldern am Rhein, um es zu einem stolzen Haufen aufzuschichten -zu einer "Flaggala", wie wir sie hier nennen. Die Jungen von Räfis und aus der Burgerau errichteten ihre Haufen getrennt, die einen droben an der Halde, die anderen draussen am Kanal. Die Buchser schichteten ihn in der Höhe des "Neuguets" auf. War der Stoss errichtet, musste man ihn bewachen, damit er nicht von der "Konkurrenz" frühzeitig in Brand gesteckt wurde.

Ohne die eingeschworene Gruppe der Flaggalaholzer wäre

Räfis-Burgerau um einen alten Brauch ärmer.

Bevor aber der Holzstoss in den nächtlichen Himmel loderte, wurde die „Schwängg flaggala" oder „Stannflaggala" (Fakel) entzündet. Die Räfiser und Burgerauer verfertigten ihre Fackel aus Lumpen oder ein paar Brokken Torf, die sie mit einem Draht an einen Stock befestigten und mit Petrol tränkten. Wer es sich leisten konnte, spaltete Scheiter der Länge nach auf und fügte sie zu einer Holzflaggala. Die Jungen haben sich dann in einer Reihe aufgestellt und das Feuer von einer „Flaggala" (Fackel) zur andern weitergegeben. Schliesslich wurde der Funken in Brand gesteckt und die Fackeln hineingeworfen.

Hat der „Böög" auf der Spitze des Stosses Feuer gefangen, so ist der eigentliche Höhepunkt erreicht. Um diesen Augenblick spannender zu machen, füllt man den „Böög" mit Schweizerkrachern. Wenn er dann die nötige Hitze erreicht hat, explodiert er funkensprühend unter dem Applaus und Geschrei der Zuschauer. Mit dem Funken nach Aschermittwoch ist der Winter endgültig vertrieben und der Frühling kann Einzug halten. An Föhntagen aber unterblieb der Feuerzauber. Man wartete dann auf den folgenden Sonntag. Blies der Föhn weiterhin, so war noch länger Geduld zu üben. Ja, zuweilen kam der Frühling herauf und die Feuerbrände waren nicht aufgelodert.

Die Vorbereitungsarbeiten für die „Flaggala" in Räfis-Burgerau sind auch heute noch weitgehend die gleichen. Heute wird dieser Brauch aber nicht mehr von den Buben gepflegt, sondern von den „Flaggala-Holzern" des Einwohnervereins Räfis-Burgerau. Als „Flaggala­Holzer" ist jeder willkommen, dem etwas daran liegt, diesen schönen Brauch auch in Zukunft aufrecht zu erhalten. Momentan besteht die Truppe aus rund 15 Mann. Während vier Samstagen sind sie alle bestrebt, aus allerlei Materialien, sei das aus Abbruchholz, Christbäumen, Stauden, usw., einen stolzen Holzstoss zu errichten. Der „Böög" aber wird erst am Morgen davor, also am Funkensonntag, auf der Spitze des Holzstosses platziert und befestigt. Sein Wesen zeigt sich jedes Jahr in einer anderen Gestalt. Ob als Frauen- oder Männergestalt oder aber auch als Skifahrer. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das Anzünden der „Flaggala" läuft auch heute noch im gleichen Stil ab, wie damals und auch der Zweck ist derselbe geblieben.

Der richtige Aufbau der Flaggala ist entscheidend für einen

prachtvoll lodernden Funken und deshalb sind hier 

ausschliesslich Spezialisten am Werk.

 

Der Lohn der Arbeit: Ein 

jährliches Ereignis für gross

und klein.

 

    

    

   

       

Brauchtum in Räfis-Burgerau "Türgga-Usschellete"

   

Quellennachweis: Paul Hugger Werdenberg

   

Da ist ein Erntefest im Oktober zu erwähnen. Noch heute hellen sich die Gesichter der Alten beim Wort Uusschellete auf. Gemeint ist das gesellige Entblättern der Maiskolben und ihr Herrichten, damit man sie zum Trocknen auf dem Dachboden aufhängen kann. Jede Haushaltung, auch die des Handwerkers und Arbeiters, hatte früher ihren eigenen Maisacker, der die Selbstversorgung mit diesem wichtigen Nahrungsmittel sicherte. An schönen Spätherbsttagen wurden die geernteten Kolben vom Acker geholt. Der Wagen fuhr vor das Haus; die Stube, manchmal auch die Küche, wurde geräumt, und zainenweise trug man die Kolben hinein und schüttete sie in der Mitte zu einem Haufen. Rund herum wurden Sitzgelegenheiten geschaffen. Wo die Stühle nicht ausreichten, schleppten die Leute Klötze und Bretter herbei, auch Melkstühle aus dem Stall. Nach dem Abendessen kamen die Nachbarn, jung und alt, und die `Uusschellete' begann. Die einen enthüllten die Kolben bis auf zwei oder vier Blätter (`Schelfere' oder `Hülsche'),

andere verknüpften damit je zwei Kolben oder trugen die fertigen Kolbenpaare in Zainen auf den Dachboden. Waren noch mehr Leute da, hängten diese die Kolben über die `Türggelatte', die an den Dachsparren befestigt waren. 

Vielfach besorgten es die Hausbewohner am `Nootaag'. So ein Dachboden sah dann wie ein Himmel voller Mais aus, ein Bild üppigen Herbstsegens.

Von unten aber drangen Gerede und Gekicher der Arbeitenden herauf. Es waren viele Leute zusammengekommen, die ganze Stube war voll, und manchmal saßen sie noch auf dem `Brüggli' draußen, dem Vorraum vor der Stube. Gerne blieben die jungen beisammen, und auch die Älteren bildeten ein Grüpplein. Vorweg bei den jungen ging es laut und fröhlich zu. Spässe wurden getrieben, Witze und Geschichten erzählt, und plötzlich flog dem einen «hinnerrugs e Chölbli an Bölli (Kopf)». (R.) Aber es wurde wacker gearbeitet, und der große Haufen schmolz zusehends. Das war auch nötig; denn um zehn, spätestens elf Uhr wollte man fertig sein und Zeit haben für den zweiten, schönern Teil. Da wurden denn die `Hülschen' in ein Streuetuch gesammelt. Bisweilen kam es dabei zu einer lustigen Schlacht, so daß das Maisstroh durch die Stube wirbelte, und jählings stießen die Übermütigen ein Bürschchen und ein Mädchen in das Streuetuch hinein und schwenkten sie unter allgemeinem Gelächter hin und her. War dann die Stube sauber, wurde `z' Oobed gno'. Die Gastleute stellten frischen Most auf und sauren Käse, selbstgebackenes Maisbrot und Nüsse, gedörrtes Obst auch, vielleicht sogar `Bräätele', im Ofenrohr gebratene honigduftende Birnen. «Das isch dänn e Raritäät gsii.» (R.) So tafelte man vergnügt und ausgedehnt.

Schließlich traten die `Muulörgeli' in Aktion. Die `jung Waar' schwang das Tanzbein, und meist blieb sie nicht allein. Das dauerte bis morgens zwei, drei Uhr. Am nächsten Abend ging es in einem andern Haus wieder los. Man half nun dort, und so Abend für Abend, eine ganze Woche lang. Ein `gehöriger' Schlafmangel sammelte sich an, aber das tat nichts, und fühlte man sich am Morgen beim Aufstehen etwas zerschlagen und schläfrig, so war man am Abend wieder in bester Laune und zu allem Scherz aufgelegt. Und doch waren die Leute froh, wenn ein Regentag die Kette der festlichen Abende unterbrach. Dann schliefen sie wieder einmal richtig.

Talauf, talab wurde so fast in jedem Haus eine `Uusschellete' abgehalten, auch hoch oben am Grabserberg. Es waren Nachbarfeste im besten Sinne. Die Hilfe, die man sich gegenseitig leistete, war ein Beweis des Wohlwollens und bot zugleich Gelegenheit, die Bande nachbarlicher Freundschaft zu festigen. «Do ischt me dänn nid zfriide gsii, wenn men aim nid kaa hät a dr Uusschellete. Do häts ghaiße: Jo, er mag mi numme.» (Gbg.)

  

  

  

Copyright © Oktober 2004 Roger Bächer  Alle Rechte vorbehalten.  Stand: 01.12.2004

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